Eine Stadt entsteht ... und versinkt im Eis




Ich habe mich dazu entschlossen, meinen Einstieg in die Welt von Frostgrave, welches seit 2015 bei Osprey Games erhältlich ist, zum Anlass zu nehmen, wieder einiges an neuen Geländestücken zu bauen. Das Regelbuch für Frostgrave setzt mit seinen Szenarios eine Unmenge von vorhandenen Geländemodellen voraus, die zuvor gebaut und gestaltet werden wollen -- und das ist eine Versuchung der ich nur schwer widerstehen kann! So habe ich mich nach der Lektüre des Regelbuchs nicht mehr auf dem Stuhl halten können und musste gleich losstürmen um den Grundstock für eine neue Tabletop-Platte zu legen.
Die Platte, die ich im Auge habe soll modular aus anfangs vier, später neun, 30x30cm-Segmenten bestehen, die ihrerseits Platz für modulare Geländestücke besitzen aber auch einige fest modellierte Teile haben. In Summe lassen sich, so denke ich, damit sehr viele verschiedene Ruinenstadt-Platten zusammenstellen.

Vielleicht kann der Bericht über mein Vorgehen dich bei deinen Bastelprojekten etwas inspirieren. Ich versuche hier und da ein paar Kniffe und Tricks mit einzustreuen -- Und nicht zuletzt stehen natürlich alle Schritte zur kreativitätsfördernden Diskussion. ... na dann los!

Schnellnavigation:

>>> Plattensegmente vorbereiten
>>> Das erste Segment: Ein Marktplatz für die eisige Stadt
>>> Bemalschema für die Plattensegmente
>>> Das zweite Segment: Ein Plateau
>>> Die Stadt wächst ...



Plattensegmente vorbereiten

Das Grundmaterial für unser Bauprojekt lässt sich ziemlich günstig im Baumarkt beschaffen. Zum Anfang habe ich mir neun 5 mm starke MDF-Platten zurechtsägen lassen. -- Wenn ein Markt diesen Service anbietet, nutze ich diesen natürlich gerne: die Zuschnitte mit den dort vorhandenen Großgeräten lassen sich in der Qualität als Heimwerker nur schwer reproduzieren. Des weiteren habe ich mir 20 mm starke Hartschaum-Platten als preiswertes Ausgangsmaterial besorgt, sowie Filzfüßchen, die dazu gedacht sind, den Untergrund vor Kratzern zu bewahren. Der Hartschaum dient dazu, das Grundniveau jedes Moduls um 2 cm anzuheben. Dadurch lässt sich dem Relief mehr Tiefe geben, da man zugeschüttete Keller, Einschlagskrater, Kanaleingänge oder ganze Flüsse bis zu 2 cm eintiefen kann.
Als letzte Komponente habe ich mir 3x1 mm starke Neodym-Magnete besorgt, die die Segmente später mit einem sanften 'Klick' verbinden und dafür sorgen, dass die Platte während einer Partie nicht in sich verrutscht.



Die ersten Arbeitsschritte sind kaum der Rede wert: An jede Ecke eines 30x30cm-Brettchens wird ein Filzfüßchen geklebt; wer selbstklebende Füßchen besorgt hat, ist da klar im Vorteil ...



Als nächstes werden die Löcher für die Magnete gebohrt. Dabei löhnt es sich, alle Segmente als Stoß zusammenzustellen und rechts und links mit schweren Kisten und -- wie in meinem Fall -- mit Hilfe eines Roberts zu fixieren.



Beim Einkleben der Magnete ist unbedingt auf die Polarität der kleinen Helfer zu achten: Ein falschherum eingeklebter Magnet würde die Segmente später voneinander abstoßen -- und das ist nicht Ziel der Übung. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass die zwei Magnete pro Seite unterschiedliche Polarität besitzen, damit später wirklich alle Platten beliebig aneinandergesetzt werden können. Sind die Magnete richtigherum justiert, werden sie mit einem kleinen Holz und einem Hammer bündig in der MDF-Platte versenkt. Zum Einkleben wurde das Allzweckwunder Holzkaltleim verwendet.



Im Grunde gibt es nicht mehr viel zur Vorbereitung der Segmente zu erzählen. -- Die Hartschaumplatten wurden mit dem Cutter-Messer zurechtgeschnitten, wobei man das Messer immer mehrfach durch den Schaum ziehen sollte ohne zu viel Druck auszuüben. Danach wird noch etwas mit feinem Sandpapier das Waffelmuster der Platten weggeschliffen, sofern man das Pech hatte, nur Hartschaum im Baumarkt zu bekommen, der keine glatte Oberfläche besitzt.



Damit sind die Segmente fertig für die Weiterverarbeitung! Ich habe mich entschieden für den Anfang erst einmal vier meiner neun Rohlinge auszugestalten. Das 60x60cm-Spielfeld ist die kleinste im Frostgrave-Regelbuch als sinnvoll angegebene Spielfeldgröße.




Das erste Segment: Ein Marktplatz für die eisige Stadt

Nun haben wir die Grundlage für unsere Frostgrave-Platte geschaffen und wollen das erste der vier der leeren 30× 30cm-Segmente in ein Stück eisige Ruinenlandschaft verwandeln.

Zu beginn wollen wir uns an einem Stück Stadtgelände mit einer Kreuzung versuchen. Der Kreuzungsbereich ist großräumig angelegt, wodurch ein kleiner Platz entsteht, auf dem früher Wochenmärkte stattgefunden haben könnten. Es ist aber auch ein guter Platz, um später einen großen, knorrigen Baum, oder einen vereisten Stadtbrunnen aufzustellen.
Wir beginnen damit die Straße leicht mit Bleistift anzuzeichnen. Dabei sollte wirklich nur sehr leicht aufgedrückt werden, da man sonst später jeden ungewollt zu tief gesetzten Strich im weichen Material als Relief erkennt. Die Straße selbst soll 10 cm breit werden. Damit bleiben an den Ecken jeweils 10×10 cm frei. Man sollte darauf achten, dass das Waffelmuster der Hartschaumplatte im Bereich der Straße sorgfältig abgeschliffen ist. Es macht Sinn schon ein paar konzentrische Bleistiftkreise anzuzeichnen um später etwas Führung beim Prägen der Pflastersteine zu haben.



Nun können wir mit einem Kugelschreiber das Straßenpflaster eingravieren. Wir wollen allerdings nicht den gesamten Bereich so strukturieren, sondern lediglich Ausschnitte der Straße highlighten.



Selbst, wenn man eine größere Fläche strukturieren möchte, empfehle ich genauso wahllos anzufangen, wie im Bild gezeigt und dann Stück für Stück die Lücken zu füllen. Damit verhindert man, dass das Pflaster monoton aussieht, oder sich zu einer Richtung hin kontinuierlich verändert (wenn man die Lust verliert werden die Steine automatisch größer).



Als nächstes werden die großen Flächen strukturiert. Dazu verknüllen wir etwas Alufolie und drücken diese in das Material. Am besten sollte man dabei verschiedene Seiten der zerknüllten Folie verwenden, damit sich das Prägemuster nicht zu oft wiederholt. Hierbei haben wir die geprägten Steine ausgespart. Diese wirken dadurch erhöht.



Auch nach dem Strukturieren kann man weiter Pflastersteine einzeichnen. Hier habe ich einmal auf einen Bleistift zurückgegriffen, um etwas Abwechslung auf die Platte zu bringen. - Andere Stifte, Härtegrade und Stiftspitzen liefern natürlich auch leicht unterschiedliche Ergebnisse.
Um die Platte lebendiger zu gestalten können auch Straßenteile mit dem Cutter-Messer eingetieft werden. An den Rändern der Vertiefung können Pflastersteine leicht in die Senke kippen.



Nachdem der Marktplatz genug Oberflächendetails bekommen hat, ist es Zeit, die Straßenränder, Bordsteine und Gehwege zu bauen. Dazu benutzen wir 5mm-Trittschalldämmung. Diese ist sehr günstig und hat wohl einen Quadratmeterpreis von weit unter einem Euro. Alle Flächen die nicht Straße oder Marktplatz sind werden damit abgedeckt. Die neuen Flächen werden ebenfalls mit zerknüllter Alufolie strukturiert.



As nächstes wurden die Bordsteine und das Pflaster auf den Gehwegen eingeprägt. Dabei wurden vorher mit Bleistift 5mm-Hilfslinien parallel zur Straße gezeichnet, um eine grobe Führung für die Dicke der Steine zu haben. Auch hier wurden erst an mehreren Stellen Pflastersteine eingeprägt und danach Lücken geschossen.
Im nächsten Schritt kommen alle möglichen Hartschaumreste zum Einsatz, aus denen sich Stein- und Schuttberge gestalten lassen. Mittels Holzkaltleim werden diese zusammen mit Sand und trockener Blumenerde an die Straßenränder geklebt. Dabei müssen natürlich die Stellen frei bleiben, auf denen später modulares Gelände stehen können soll. Damit ist das Segment nun fertig für die Grundierung!



Für die Grundierung wurde weiße und schwarze Abtönfarbe 1:1 gemischt. Da wir einen kalten, erdigen Ton für unsere Platte haben wollen, kam jeweils ein Kleks Braun und Blau dazu. Beim Aufragen der Farbe lohnt es sich, diese noch einmal bis hin zum Verhältnis 2:1 mit Wasser zu verdünnen. Damit verliert sie möglicherweise etwas an Deckkraft, läuft dafür aber besser in die Vertiefungen, in denen die Grundierung schließlich am wichtigsten ist.
Die dunkle Grundierung bewirkt, dass alle Stellen, die nicht weiter bemalt werden im Schatten liegen. Daher ist es auch wichtig, dass sie auch genau in den Vertiefungen gut deckt.
Meine Empfehlung ist daher, nach dem Trocknen der ersten Schicht das Segment von allen Blickwinkeln aus gegen das Licht zu halten und mit einem kleinen Pinsel die restlichen vertieften Stellen anzumalen. Bis zum Trocknen zu warten ist wichtig, da man sonst reflektierende, nasse Farbe kaum von unbemalten, hellen Stellen unterscheiden kann. Dies sollte wirklich gründlich gemacht werden, denn nichts stört -- zumindest für mich -- bei einem Spiel auf einer fertigen Platte mehr, als wenn immer wieder pastellfarbene Hartschaumflächen in den Winkeln des Modells. Das ist schließlich ein bisschen so, als würde mitten in einem Fantasy-Film ein Studio-Scheinwerfer von der Decke fallen.



Zum Grundieren noch ein bisschen Meta-Gefasel: Das Aufbringen der Grundierung ist der Moment, in dem sich das Projekt in das verwandelt, was es später sein soll: Während man vorher alle Baumaterialien sieht und pastellfarbener Hartschaum sowie dunkle Linien alles surreal und comichaft erscheinen lassen, kann das Auge das Modell nach der Grundierung zum ersten Mal als Ganzes fassen. Ich betrachte ein Geländemodell daher nach der Grundierung gerne als ' eigentlich fertig' -- das Bemalen ist im Grunde ein völlig neues Projekt, weshalb wir dafür auch einen neuen Abschnitt in diesem Baubericht einleiten wollen.




Bemalschema für die Plattensegmente

Im ersten Schritt der Bemalung wird die Farbmischung für die Grundierung noch einmal 1:5 mit weißer Abtönfarbe aufgehellt. Das so entstandene Grau wird großzügig auf das grundierte Segment aufgebürstet. Dabei darf -- anders als beim Trockenbürsten -- die Farbe auf erhabenen Flächen ruhig decken. Nur in den Vertiefungen, also zum Beispiel zwischen den Pflastersteinen, bleibt die Grundierung zu sehen.



Nachdem diese Schicht getrocknet ist, wird matt-schwarze Acrylfarbe mit sehr viel Wasser verdünnt und über das gesamte Segment getuscht. Das so entstandene Wash läuft vornehmlich in die Vertiefungen und erzeugt so später realistische Farbübergänge. In das noch nasse schwarze Wash wird an einigen Stellen zusätzlich ein Wash aus brauner Acryfarbe getupft um den Boden etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Direkt nach dem Auftragen der Washs sieht das Segment erst einmal ziemlich unschön aus. Erst nach dem Trocknen werden die dezenten Farbverläufe sichtbar.

Zum Bemalen von Steinflächen empfehle ich übrigens die wirklich gut gelungenen Tutorials von Tabletop Workshop, beispielsweise >>> das hier .



Wenn die Washs auf dem Segment gut durchgetrocknet sind, können wir dem Marktplatz endlich ein gefrorenes Erscheinungsbild geben. Dafür wird weiße Abtönfarbe sehr stark mit Wasser verdünnt und auf die freien Flächen an den Ecken des Segments aufgetragen. Diese sammelt sich in den tiefergelegenen Stellen, die durch das Strukturieren mit Alufolie entstanden sind und trocknen dort später sehr kreidig aus. -- Was bei vielen Modellen nicht gewollt ist, ist hier ein super Effekt um harschen Bodenfrost zu erzeugen.



Nach dem Trocknen der weißen Tusche werden die erhabenen Stellen des Modells trockengebürstet. Dabei habe ich die 1:5-Mischung aus Grundierung und Weiß noch einmal stark aufgehellt und später sogar Weiß verwendet. Zusätzlich kann man sparsam blaue Frost-Tusche aus hellblauer Acrylfarbe zwischen ausgewählten Pflastersteinen verwenden. Diese sorgt zusätzlich für eine kalte Grundstimmung. Sie wird in Ecken und Ritzen getuscht und ist im trockenen Zustand kaum erkennbar, sorgt aber dafür, dass man beim Spielen die Heizung eine Stufe höher stellen möchte.



Damit ist das erste Segment fertig bemalt und kann für unsere urbane Winterplatte verwendet werden!


Das zweite Segment: Ein Plateau

Nun wollen wir für ein paar Höhenunterschiede auf unserer Spielplatte sorgen! Dazu bauen wir ein 3cm hohes Plateau, welches von allen Seiten über breite Treppen erreichbar ist. Auch darauf sollen später weitere Geländeteile Platz finden können.

Im Grunde haben wir die meisten Arbeitsschritte, die auf dem Weg zum fertigen Plateau nötig sind bereits beim Bau das Marktplatzes gemacht. Daher fasse ich mich hier etwas kürzer und zeige hier vor allem die 'work in progress'-Bilder.



Neben einem 20x20cm großen und 3cm höhen Hartschaum-Block, der den Kern des Plateaus bilden soll benötigen wir noch ein paar 1x1cm dicke und 2cm lange Steine um den Rand des Plateaues mit einer Mauer abzuschließen. Wer einen Heißdrahtschneider besitzt, ist hier klar im Vorteil. Da wir aber nicht allzu viele Steine benötigen, hält sich aber auch für Cutter-Messer-Nutzer die Arbeit in Grenzen.



Beim Plateau verfahren wir genauso, wie beim Marktplatz, nur dass nun der 20x20cm-Block in der Mitte Platz findet.



Die Steine werden mit Holzkaltleim so um den Block gemauert, dass an jeder Seite mittig 10cm frei bleiben, an die später eine Treppe angesetzt wird.



An den Ecken der Mauern werden 3x3cm breite Podeste gebaut, die auch 1cm höher werden als der Rest der Mauer. Die Mauer wird wieder mit 5mm starker Trittschaldämmung abgeschlossen. Eine der Ecken ist in sich zusammengestürzt, weshalb die Steine und Platten, die einst zur Mauer gehörten nun unten verstreut liegen.



Als nächstes wurden die Treppen, bestehend aus mehreren Schichten Trittschalldämmung, angebracht und das Pflaster auf den Gehwegen eingeprägt.



Die Treppen sind 8cm lang, wodurch noch je Seite noch 1cm übrig bleiben, um einen Handlauf aus Hartschaum anzubringen. Nun muss nur noch der Boden des Plateaus mit Steinen versehen und strukturiert werden.



Bei der Grundierung und der Bemalung wurde genauso vorgegangen wie zuvor beim Bau des Marktplatzes



... und schon haben wir die Grundfläche unserer vereisten Stadt verdoppelt!




Die Stadt wächst ...

Nun, da das Schema zum Bau der Segmente für die Grundplatte klar ist, lassen sich schnell neue 'Standard'-Segmente bauen. Hier haben wir, um auf eine 60x60cm Spielplatte zu kommen, noch zwei T-Kreuzungen gebaut. Diese wurden ebenfalls mit allerhand Schutt dekoriert und haben einen Gully und einen Riss in der Straße als kleine Details bekommen.





Zum Abschluss dieses Bauberichts gibt's noch ein Gruppenfoto: Die vier Segmente für die 60x60cm-Platte sind nun fertig und können mit Ruinen gefüllt werden! - Aber das ist eine andere Geschichte, die ich in einer nicht ganz so fernen Zukunft erzähle ...